- Antrag auf Veranstaltung einer Primärlotterie in Bayern, Niedersachsen und im Saarland
- Lottoland wäre der erste private Lottoveranstalter einer Großen Lotterie in Deutschland
- Deutsche Gerichte und die EU-Kommission halten den Reformentwurf bezüglich des Glücksspielstaatsvertrags für unzureichend
Lottoland hat in mehreren deutschen Bundesländern einen Antrag auf die Veranstaltung einer Primärlotterie gestellt. Das Spielprinzip soll staatlichen Lotterien wie Lotto 6aus49 und Euro- jackpot ähneln. 23 Prozent der Einnahmen sollen gemeinnützigen Zwecken zu Gute kommen. Lottoland gehört mit mehr als fünf Millionen Kunden zu den führenden privaten Online-Lotte- rieanbietern in Europa. Kürzlich hat das Unternehmen bereits seine erste eigene Online-Lotte- rie WorldMillions gestartet, in der jede Woche 150 Mio. Euro im Jackpot liegen.
„Mit über fünf Millionen Kunden wissen wir, wie man Menschen für Lotto begeistert. Nun wollen wir unser Angebot auch auf den stationären Bereich ausweiten und eine originäre Lotterie auf die Beine stellen“, sagt Dr. Rolf Stypmann, Unternehmenssprecher von Lottoland.
„Juristisch wäre eine Konzessionsvergabe konsequent“
Mit einer Erlaubnis durch die zuständigen Landesbehörden wäre Lottoland der erste private Lottoveranstalter einer „Großen Lotterie“ in Deutschland, also einer Lotterie mit höheren Ge- winnsummen. Lottoland würde den Spielplan aufsetzen, die Ziehung durch eine neutrale In- stanz und unter staatlicher Aufsicht vornehmen lassen und die Spieleinsätze nach einem vorab festgelegten Gewinnplan verteilen. Die Abgabe der Teilnahmescheine wäre an eigenen Annah- mestellen und Lotterie-Terminals sowie im Internet möglich.
„Wir sind sehr gespannt, ob uns die zuständigen Landesbehörden eine Konzession erteilen wer- den oder zumindest mitteilen, unter welchen Bedingungen wir eine Erlaubnis erhalten können. Juristisch wäre eine jedenfalls vorläufige Konzessionsvergabe nur konsequent. Organisatorisch können Privatunternehmen Lotterien mindestens genauso gut und sicher veranstalten wie der Staat. Das sehen wir in Italien, Großbritannien oder Österreich“, so Stypmann.
Staatliche Monopolstellung auf dem Lottomarkt rechtswidrig
Der Lottomarkt ist einer der letzten staatlichen Monopolmärkte in Deutschland. Damit greift die deutsche Glücksspielregulierung massiv in die Dienstleistungs- und Berufsfreiheit von Men- schen und Unternehmen ein – und das ohne rechtlich belastbare Grundlage. Denn Lotto birgt keine Sucht- oder Manipulationsgefahren, die nur durch ein Staatsmonopol effektiv bekämpft werden könnten. Zudem missachten die Landeslotteriegesellschaften systematisch die Grenzen zulässiger Werbung, die aber ein staatlicher Monopolträger einzuhalten hat. Hierzu zählen das Sponsoring bei medienwirksamen Sportveranstaltungen, suggestive TV- und Online-Werbung so- wie regelmäßige Social-Media-Aktivitäten, die gerade junge Menschen sehr offensiv zur aktiven Lotterie-Teilnahme anregen.
„Es geht um zu viel Geld“
Staatliche Lotteriegesellschaften setzen jedes Jahr rund 7,3 Milliarden Euro um. Circa 40 Pro- zent der Gelder fließen direkt an die Innen- und Finanzministern der Länder, über deren Vertei- lung die Länder eigenständig entscheiden können. Der staatliche Sportwettanbieter Oddset hin- gegen ist mit Umsätzen von 186 Millionen Euro verhältnismäßig klein.
„Diese Zahlen machen deutlich, warum die Länder das staatliche Lotteriemonopol aufrecht- erhalten wollen und sich jedem Fortschritt verweigern. Es geht um zu viel Geld, gerade auch im Vergleich zum Sportwettbereich“, so Stypmann. „Im Februar hat der Deutsche Lotto und Toto Bund private Sportwettanbieter dazu aufgefordert, sich auf gemeinsame Standards für eine streng kontrollierte Öffnung des Sportwettmarkts zu verständigen. Für den sehr viel mani- pulationssicheren und ungefährlicheren Lotteriebereich ist vergleichbares bisher nicht gesche- hen. Das ist absurd.“
Die „Misere des deutschen Glücksspielrechts“ nimmt kein Ende
Seit mehr als 15 Jahren herrscht in Deutschland ein regulatorisches Chaos. 2006 erklärte das Bundesverfassungsgericht den damals geltenden Lotteriestaatsvertrag in Teilen für verfassungs- widrig. 2010 erklärte der Europäische Gerichtshof den Glücksspielstaatsvertrag in Teilen für unionsrechtswidrig. Aus Angst vor einem Vertragsverletzungsverfahren seitens der Europäischen Kommission haben die Bundesländer nun eine neuerliche Reform des Glücksspielstaatsvertrags der zum 1.1.2018 in Kraft treten soll, beschlossen. Auch damit dürfte aber die „Misere des deutschen Glücksspielrechts“, so die Bezeichnung eines Vertreters der Europäischen Kommis- sion, kein Ende nehmen – darauf jedenfalls lassen Aussagen von deutschen Gerichten und der Europäischen Kommission schließen.
„Sofern der Vertragsentwurf insoweit nicht noch rechtzeitig überarbeitet wird, wird die Ände- rung den bestehenden Verstoß gegen das Transparenzgebot sogar noch verschärfen“, stellten das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen sowie das Verwaltungsgericht Wiesbaden fest. Laut Medienberichten ist die geplante Reform auch bei der Europäischen Kommission durchge- fallen. „Somit scheint es, dass die deutschen Behörden insbesondere für den beträchtlich wachsenden Online-Kasinomarkt […] keine tragfähige Lösung bieten“, so die EU-Beamten.
„Die bisher bekannten oder veröffentlichten Details stimmen mich relativ pessimistisch, dass der aktuelle Reformentwurf EU-rechtskonform sein wird. Vieles spricht dafür, dass das Rechts- chaos über Jahre fortdauert“, sagt Stypmann. „Es bleibt somit alles beim Alten: Die staatlichen Lotteriegesellschaften tragen ihr Besitzstandsdenken auf den Schultern der Verbraucher aus. Und die haben weiterhin keine Chance, zwischen seriösen und unseriösen Online-Anbietern zu unterscheiden.“